Die medizinischen Voraussetzungen für die Lokführer-Ausbildung – von der Kategorie Rangierlokführer, ob im Anschlussgleis oder Bau, Rangierleiter, B100 bis zum Streckenlokführer – sind durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) klar definiert und dienen als wichtige Grundlage. Ob als Quereinsteiger oder als Lokführer Ausbildung: Die gesundheitlichen Anforderungen an angehende Triebfahrzeugführer sind entscheidend für die Sicherheit im Schienenverkehr. Denn nur medizinisch geeignetes Personal erhält Zugang zu einem der zukunftssichersten Berufe der Schweiz.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Lokführer Ausbildung erfüllt werden?
Die medizinischen Anforderungen umfassen verschiedene Bereiche: vom präzisen Sehvermögen über ein ausgezeichnetes Hörvermögen bis hin zu einem stabilen Herz-Kreislauf-System. Besonders das Sehvermögen spielt eine zentrale Rolle, da Lokführer jederzeit Signale, Anzeigetafeln und potenzielle Gefahren zuverlässig erkennen müssen. Die Anforderungen sind dabei nach Altersgruppen gestaffelt und berücksichtigen die natürlichen Veränderungen der Sehkraft im Laufe des Berufslebens. Beginnen wir mit den detaillierten Anforderungen an das Sehvermögen:
Sehvermögen im Detail
Die Anforderungen an das Sehvermögen sind präzise definiert und nach Altersgruppen gestaffelt. Die Messung erfolgt mittels standardisierter Sehtafeln aus 5 Meter Entfernung.
Sehschärfe unter 35 Jahren
- Besseres Auge: Visus 1,0
- Schlechteres Auge: Visus mindestens 0,7
Sehschärfe ab 35 Jahren
- Besseres Auge: Visus mindestens 0,7
- Schlechteres Auge: Visus mindestens 0,5
Sehhilfen
Folgende Korrekturen sind zugelassen:
- Brillen und Kontaktlinsen bis +/- 8 Dioptrien
- Keine getönten Gläser über 35% Absorption, insbesondere in der Dunkelheit
- Keine fotochromatischen Linsen
- Keine Nachtlinsen zur Visus-Korrektur
Gesichtsfeld und Sehqualität
Uneingeschränktes Gesichtsfeld ist erforderlich:
- Standardisierte Prüfung mittels Gesichtsfeldtest
- Ab 55 Jahren: Zusätzliche Überprüfung mittels Amsler-Gitter
- Bei Einschränkungen: Augenärztliche Abklärung mittels Halbkugel-Perimeter
Dämmerungssehen und Blendungsresistenz
Folgende Anforderungen müssen erfüllt sein:
- Gute Dunkeladaptation
- Ausreichende Blendungsresistenz
- Ausreichendes Kontrastsehen
Farbsehen
Normales Farbsehen ist erforderlich:
- Prüfung nach Ishihara (24 Tafeln)
- Zweifelfreie Antworten erforderlich
- Bei unklarem Ergebnis: Spezielle Untersuchung mit Anomaloskop
Zusätzliche Bestimmungen:
- Keine Farbsinn-Korrektur mit Farbfiltern zulässig
- Regelmäßige Kontrollen entsprechend den vorgeschriebenen Intervallen
Hörvermögen im Detail
Ein ausreichendes Hörvermögen ist für die Sicherheit im Schienenverkehr unerlässlich. Die genauen Anforderungen sind nach Alter gestaffelt und werden mittels Audiogramm überprüft:
Höranforderungen bis 35 Jahre
Gemessen bei Luftleitung auf dem schlechteren Ohr:
- Normale Sprachfrequenzen (500-2000 Hz): Maximal 20 dB Hörverlust
- Mittlere Frequenzen (3000 Hz): Maximal 25 dB Hörverlust
- Hohe Frequenzen (4000 Hz): Maximal 30 dB Hörverlust
Was bedeutet das im Alltag? Ein Lokführer muss beispielsweise:
- Funksprüche auch bei laufendem Motor klar verstehen
- Warnsignale und Alarme zuverlässig wahrnehmen
Höranforderungen über 35 Jahre
Die Anforderungen werden dem natürlichen Alterungsprozess des Gehörs angepasst:
- Normale Sprachfrequenzen (500-2000 Hz): Maximal 40 dB Hörverlust
- Mittlere Frequenzen (3000 Hz): Maximal 50 dB Hörverlust
- Hohe Frequenzen (4000 Hz): Maximal 60 dB Hörverlust
Regelungen für Träger von Hörgeräten
Hörprothesen sind zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
- Die allgemeinen Anforderungen an das Hörvermögen müssen erfüllt sein
- Eine HNO-ärztliche Expertise ist zwingend erforderlich
- Ersatzbatterien müssen immer verfügbar sein
- Regelmäßige Wartung muss nachgewiesen werden
Allgemeine gesundheitliche Voraussetzungen für die Lokführer Ausbildung
Neben den spezifischen Anforderungen an Seh- und Hörvermögen müssen Lokführer weitere gesundheitliche Voraussetzungen erfüllen. Diese sind ebenso wichtig für die Sicherheit im Schienenverkehr:
Herz-Kreislauf-System
Ein stabiles Herz-Kreislauf-System ist für die sichere Ausübung des Lokführerberufs unerlässlich. Die Anforderungen sind klar definiert:
Blutdruck muss stabil sein
- Gut: 120/80 bis 140/90 mmHg über 3 Monate
- Kritisch: Schwankungen über 160/95 mmHg
Was bedeutet „gut eingestellt“?
- Regelmässige Messungen zeigen stabile Werte
- Dokumentation über mindestens 3 Monate
- Medikamente werden nach Plan eingenommen
- Keine Spitzen über 160/95 mmHg
Herzrhythmus
- Normal: Gelegentliche Extraschläge akzeptabel
- Ausschluss: Vorhofflimmern ohne stabile Medikation
Stoffwechsel
Die Anforderungen an den Stoffwechsel betreffen besonders zwei Bereiche: Diabetes und Schilddrüsenfunktion. Beide müssen gut eingestellt und regelmässig kontrolliert sein.
Diabetes
- Typ 2 ohne Insulin: Möglich bei HbA1c unter 7,5%
- Beispiel: Regelmässige Dokumentation der Blutzuckerwerte
- Ausschluss: Insulinpflichtiger Diabetes wegen Unterzuckerungsrisiko
Schilddrüse
- Gut eingestellte Über- oder Unterfunktion akzeptabel
- Nachweis: Stabile Laborwerte über 6 Monate
„Gut eingestellt“ bedeutet:
- Medikamente werden regelmässig eingenommen
- Laborwerte liegen im Normbereich
- Beispiel: TSH-Wert zwischen 0,4 und 4,0 mU/l
- Keine Symptome wie Zittern oder Müdigkeit
„Nicht gut eingestellt“ bedeutet:
- Schwankende Laborwerte
- Vergessene Medikamenteneinnahme
- Symptome wie Herzrasen oder Konzentrationsstörungen
Psychische Belastbarkeit für die Lokführer Ausbildung
Der Beruf des Lokführers erfordert eine hohe psychische Stabilität. Konzentrationsfähigkeit und Stressresistenz sind dabei besonders wichtig:
Konzentrationsfähigkeit
- 4-stündige Fahrt ohne Aufmerksamkeitsverlust bewältigen
- Mehrere Signale gleichzeitig beachten
- Auch bei Routinefahrten stets aufmerksam bleiben
Stressresistenz
- Ruhig bleiben bei technischen Störungen
- Klare Entscheidungen bei Verspätungen treffen
- In Ausnahmesituationen handlungsfähig bleiben
Regelmässige Kontrollen und Untersuchungsintervalle nach der Lokführer Ausbildung
Die medizinische Tauglichkeit eines Lokführers muss in regelmässigen Abständen überprüft werden. Die Intervalle sind nach Alter gestaffelt:
Standardintervalle
Bis 40 Jahre: Alle 5 Jahre
- Beispiel: Erstuntersuchung mit 30, nächste mit 35, dann 40
- Grund: Stabilere Gesundheitswerte in jüngeren Jahren
40 bis 60 Jahre: Alle 3 Jahre
- Beispiel: Prüfung mit 40, 43, 46, 49, 52, 55, 58
- Häufigere Checks wegen altersbedingter Veränderungen
Ab 60 Jahre: Jährlich
- Beispiel: Prüfung mit 60, 61, 62 usw.
- Engmaschige Kontrolle der Sinnesorgane und Reaktionsfähigkeit
Zusätzliche Untersuchungen nötig bei
- Krankenhausaufenthalt über 30 Tage
- Beispiel: Nach Operation am Bewegungsapparat
- Beispiel: Nach längerer Erkrankung
- Unfällen im Dienst
- Beispiel: Nach Sturz im Führerstand
- Beispiel: Nach Beinahe-Unfällen durch gesundheitliche Probleme
- Auffälligkeiten im Dienst
- Beispiel: Konzentrationsschwierigkeiten bei Nachtschichten
- Beispiel: Häufige Kopfschmerzen bei Tunnelfahrten
Fazit: Gesundheit ist die Basis für Sicherheit
Die medizinischen Voraussetzungen für den Lokführerberuf mögen auf den ersten Blick umfangreich erscheinen. Doch sie alle dienen einem zentralen Ziel: der Sicherheit im Schienenverkehr. Ein Lokführer trägt nicht selten Verantwortung für hunderte von Passagieren, wertvolle Güter, Mitarbeitenden auf Baustellen und nicht zuletzt für die Sicherheit des gesamten Bahnsystems.
Die gute Nachricht: Die meisten Menschen erfüllen diese Anforderungen ohne Weiteres. Viele der beschriebenen Werte entsprechen einem normalen, gesunden Zustand. Vergleicht man die Anforderungen etwa mit denen für Piloten im Luftverkehr, sind sie durchaus moderat gehalten.
Wichtig zu wissen: Auch wenn einzelne Werte nicht perfekt sein sollten, bedeutet das nicht automatisch das Ende des Traums vom Lokführerberuf. Die Vertrauensärzte haben einen Ermessensspielraum und beurteilen jeden Fall individuell.
Wir von Rail Academy stehen Ihnen bei Fragen zu den medizinischen Voraussetzungen gerne zur Seite. Lassen Sie sich von den Details nicht abschrecken – mit der richtigen Beratung finden wir gemeinsam heraus, ob der Weg zum Lokführer für Sie in Frage kommt.
Stand: Februar 2025
Quelle: Bundesamt für Verkehr (BAV)